Es ist entscheidend, Produktinformationen so bereit zu stellen, dass die Mitarbeiter auch Zugriff auf die Daten haben.
… aber leider sieht die Realität meist anders aus: Der Vertrieb möchte schnell gut gepflegte Produktdaten für einen bestimmten Vertriebskanal bereitgestellt haben - am besten gestern. Innerhalb kürzester Zeit müssen diese Daten nun beschafft, in das zur Verfügung stehende PIM-System eingepflegt und vertriebstauglich aufbereitet werden. Mit am Schlimmsten daran ist, dass die gleiche Arbeit schon einmal erledigt wurde. Denn irgendjemand – sei es die Niederlassung im Nachbarland, die diese Produkte schon längst verkauft – hat die Daten schon einmal aufbereitet. Leider haben andere Standorte, ja nicht mal andere Abteilungen, keinen Zugriff auf die Informationen.
Organisatorische Herausforderungen meistern
Eigentlich sollte die Verwendung eines PIM-Systems die übergreifende Nutzung von Produktinformationen innerhalb der einzelnen Abteilungen optimieren. Wenn die dazugehörige Organisation jedoch nicht stimmt, verpufft der Vorteil jedes noch so guten PIM-Systems. Bei wenig Dynamik im Sortiment bzw. ähnlichen Sortimenten findet man jedoch meist eher eine zentralisierte Organisation über verschiedene Vertriebskanäle hinweg. Diese ist oft in unterschiedliche Abteilungen für die jeweiligen Vertriebskanäle aufgeteilt.
Bei intensiv wachsenden Handelsunternehmen, die neue Produktbereiche integrieren, ist die Verwaltung von Produktdaten hingegen oft in kleinere Bereiche in die jeweiligen operativen Gesellschaften integriert. Diese kleinen Einheiten bedienen sich dabei unterschiedlichster technischer Hilfsmittel. Die Inhalte dieser lokalen PIM-Systeme werden direkt vom Vertrieb und dem Management der Geschäftseinheit beeinflusst.
Es ist entscheidend, Produktinformationen so bereit zu stellen, dass die Mitarbeiter auch Zugriff auf die Daten haben, die sie dringend brauchen. Hierfür ist es nötig, diese beiden klassischen abteilungsorientierten Organisationsformen zu modernisieren, indem man Prozesse integriert und die Kommunikation in die angrenzenden Bereiche stärkt. Ermöglicht wird dies durch eine optimale Ausgestaltung der Informationslieferketten – Information Supply Chain Management, kurz ISCM.
Von der Scheu, Datenlieferanten aktiv einzubinden
Ein vernünftiges ISCM-Konzept erfordert bei vielen Unternehmen ein Umdenken. Eine effiziente ISCM-Organisation muss beispielsweise über die eigenen Unternehmensgrenzen hinausgehen: Wenn sich der Bedarf an zusätzlichen Produktdaten einigermaßen planen lässt, sollten dabei unbedingt auch Lieferanten eingebunden werden. Dies kann jedoch ein langwieriger Prozess sein. Vielen der kleineren Lieferanten stehen die dafür notwendigen Tools gar nicht zur Verfügung, z.B. um die Daten in einem bestimmten Format zu liefern.
In diesem Fall ist eine intensive und vor allem positive Kommunikation notwendig: Der Lieferant muss verstehen, welche Vorteile er hat, wenn er seine Produkte umfangreich dokumentiert. Sinnvoll für Händler ist es, hierfür Leitfäden für ihre Partner zu erstellen und die Lieferanten in Jahresgesprächen oder Meetings vom hohen gemeinsamen Nutzen zu überzeugen. Bei großen Konzernen ist es inzwischen sogar üblich, dass nur die Lieferanten akzeptiert werden, welche die Informationen im gewünschten Formaten (z.B. BMECat) liefern können. Warum soll dies also nicht auch für die Einkaufsseite von Händlern gelten?
Nützliche Datenlieferanten sind aber auch innerhalb des eigenen Unternehmens zu finden. Diese müssen lediglich identifiziert und eingebunden werden. Denn aufgrund der unkoordinierten Prozesse und einer nicht integrierten Produktdatenhaltung liegen die Informationen weit verstreut in verschiedenen Systemen vor. Der Einkauf verwaltet beispielsweise wertvolle Informationen wie Mengeneinheiten, Artikelnummern der Hersteller/Lieferanten, EAN- oder GTIN-Codes. Oft hat auch das Marketing eine Vielzahl von Produktbildern auf diversen Laufwerken oder auf DVDs gebrannt. Das Produktmanagement besitzt in der Regel umfangreiche technische Informationen zu den Produkten.
Bei der Zusammenführung dieser Datenmenge muss beachtet werden, dass nicht jedes technische Detail unbedingt von Wert ist. Denn für ein PIM-System ist es wichtig, die wirklich wertvollen Daten zu verwalten. Dies sind vor allem die Informationen, die den Kunden schnell zum richtigen Produkt führen und ihm die Kaufentscheidung erleichtert.
Optimierte ISCM-Linienorganisation
Es ist hilfreich, klare Regeln hinsichtlich der Abstimmung mit Datenlieferanten und -empfängern aufzustellen. Denn vor allem in großen oder räumlich getrennten Organisationen werden Produktdaten oft mehrfach aus unterschiedlichsten Quellen beschafft. Der dadurch entstehende Overhead kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern hemmt auch die Agilität im aktiven Sortimentsmanagement. Wenn die Gremien in regelmäßigen Abständen neue Sortimente und neue Anforderungen aus allen Geschäftseinheiten abgleichen, kann der Aufwand durch sinnvolle Arbeitsteilung minimiert werden.
Idealerweise sind Produktmanagement bzw. -marketing ebenfalls überregional organisiert, um die Arbeit der Produktdatenverantwortlichen zu unterstützen und überlappende Sortimente rechtzeitig zu identifizieren. Der Trend, margenstarke Eigenmarken überregional zu vermarkten, macht es notwendig, die Produktdaten von Beginn an zentral zu erstellen und allen Vertriebsorganisationen zur Verfügung zu stellen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Der Vertrieb sollte potentiell neue Produkte bereits im Vorfeld im Blick haben, um schnell auf geänderte Nachfragen reagieren zu können. Wird das ISCM integriert im Sinne einer Lieferkette betrachtet, müssen Produktpaten rechtzeitig in die Produktionsvorbereitung zur Beschaffung und Aufbereitung dieser Sortimentsteile eingebunden werden. Nur so kann „auf Zuruf“ ein zusätzliches Sortiment mit der richtigen Datenqualität reibungslos im Markt positioniert werden.
Grundsätzlich sollten Unternehmen ISCM als eigenständigen Verantwortungsbereich sehen und auch so in der Organisation mit dediziertem Management verankern. Die ISCM-Einheit sollte deshalb als interner Dienstleister zur Bereitstellung von Produktinformationen für alle Anwendungszwecke betrachtet werden.
Auch wenn die zentralisierte Produktdatenverwaltung den Idealfall darstellt, ist nicht zu vergessen, dass vielerorts immer noch kleine Teams oder gar Einzelpersonen mit der Pflege von Produktdaten betraut sind. Sollte eine regional zentralisierte Organisation deshalb nicht möglich sein, gibt es auch andere Mittel und Wege: Beispielsweise kann durch die Bildung von „Produktpatenschaften“ - eine klare Definition von zu verantwortenden Produktbereichen - eine Überschneidung der Tätigkeit vermieden oder zumindest minimiert werden.
Nach den organisatorischen Veränderungen ergeben sich neue Arbeitsweisen für die Mitarbeiter im ISCM-Umfeld. Der eingangs beschriebene Traum könnte Wirklichkeit werden: Der Vertrieb ruft an und will bis Ende nächster Woche die neue Produktlinie, die im Nachbarland so erfolgreich ist, im Markt platzieren. Den Produktpaten kennen die Mitarbeiter bereits aus den regelmäßigen Abstimmungsgesprächen und die entsprechenden Daten finden sie schnell im System – dabei stellen sie fest, dass sowohl technische Daten und Bilder bereits vollständig gepflegt sind. Der Einkauf ist so integriert, dass die Warenwirtschaftdaten mit dem ERP ausgetauscht werden können und das Format für die Füllung des Webshops ist ebenfalls festgelegt. Es ist nur eine kurze Prüfung der marktspezifischen Daten erforderlich, und die Ausleitung der Daten an den Shop und der Verkauf kann beginnen. Ja, das Leben für die Mitarbeiter in Handelsunternehmen kann so schön sein.